Heute, vor 73 Jahren, am 27. Januar 1945, befreiten sowjetische Soldaten das Konzentrationslager Auschwitz. Was sie dort vorfanden, muss für diese an Leid erfahrenen Soldaten unbegreiflich gewesen sein. Sie fanden: knapp 5800 unterernährte Häftlinge, davon 4000 Frauen. Ferner: fanden sie über 1 Millionen Kleider, 45.000 Paar Schuhe und 7 Tonnen Menschenhaar. Weit über 1 Millionen Menschen fanden in den Kammern von Auschwitz ihren Tod. Unbegreiflich ist es bis heute.
Das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte
Und mehr Zahlen: zwischen 5,6 und 6,1 Millionen Juden, 2,5 Millionen sowjetische („slawische“) Kriegsgefangene, zwischen 200.000 bis zu 1 Millionen Sinti und Roma, 200.000 Menschen mit Behinderungen. Alle ermordet. Dazu kommen Morde an den Zeugen Jehovas, an Homosexuellen und an politischen Oppositionellen. Das ist die Bilanz der nationalsozialistischen Raserei. Der einzelne Mensch droht in diesen Zahlen unterzugehen. Getötet wurden keine Menschen, keine Frau Rosenkranz, kein Herr Blume, sondern getötet wurden Menschen schlicht in ihrer Eigenschaft als Angehörige eines Kollektivs: als Jude, als Zigeuner, als Behinderter, als Andersdenkender. Massenmord, das ist für mich das schmerzlich treffende Wort für diesen Umstand. Denn natürlich wurden konkrete Individuen, Menschen mit einem Namen, einer Familie und einer Geschichte umgebracht. Und dennoch: Gestorben sind sie als Vertreter einer Gruppe, einer Abstraktion. Liegt hierin nicht der Kern des Schauderns vor dem Holocaust?